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Ich fühle, also kaufe ich: Die verblüffende Wirkung des Home Stagings!

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Was ist Home Staging?

Seit Menschen Entscheidungen treffen, fragen sich Menschen, wie und warum wir Entscheidungen treffen. Die Antike mit ihrer Liebe zur Logik malte uns ein Bild vom rational entscheidenden Wesen. Ein Weltbild, das René Descartes („Ich denke, also bin ich!“) im so genannten Rationalismus nur zu gerne aufgriff. Heute wissen wir: So einfach ist es nicht. 

António Damásio, ein portugiesischer Neurowissenschaftler, hat Descartes‘ Irrtum in dem gleichnamigen Werk aufgezeigt und bewiesen, dass sowohl die Vernunft als auch unsere Emotionen eine große Rolle spielen, wie wir Entscheidungen treffen. Emotionen und Vernunft gehen nicht nur Hand in Hand, sie tanzen in unserem Entscheidungsprozess eng umschlungen Tango

Mit dieser Schrittfolge betreten wir also nun das Parkett des Immobilienmarktes – mit der Frage, warum Menschen sich für die eine oder andere Wohnimmobilie als neues Zuhause entscheiden – und welchen Einfluss modernes Home Staging dabei hat. So viel vorweg: Der Einfluss des Home Stagings auf die menschliche Entscheidung ist riesig.  In fünf Akten werfen wir in dieser Form erstmals einen Blick auf die faszinierende wie offenkundige Verbindung zwischen den neusten Erkenntnissen der Hirnforschung und dem wundersamen Prozess des Home Stagings – Bühne frei!

1. Der Pygmalion-Effekt: Sich die eigene Realität schaffen
2. Somatische Marker: Die emotionale Bühne der Menschheit
3. Adieu Entscheidungsparalyse: Ein klarer Vorschlag hilft
4. Ankerheuristik: Die Kraft des ersten Eindrucks
5. Sozialer Aufstieg: Positive Assoziationen für die Kaufentscheidung 

1. Der Pygmalion-Effekt: Sich die eigene Realität schaffen

Beginnen wir unsere Reise zum Wesen des Menschen in der Antike: Der Bildhauer Pygmalion hatte eine Statue geschaffen, so schön, dass er sich unsterblich in sie verliebte. Die Götter waren gerührt und erweckten sein Werk zum Leben. 

Diese romantische Geschichte gab dem Pygmalion-Effekt den Namen, entdeckt und benannt von Robert Rosenthal. Der Psychologe wies in den 60ern des vorigen Jahrhunderts nach, dass die Erwartungen von Lehrern einen enormen Einfluss auf die Leistung von Schülern haben. Wenn Lehrer Schüler für begabter hielten als andere, zeigte diese auch bessere Leistungen.Mit anderen Worten: Unsere Erwartung gestaltet die Realität.Übertragen auf Home Staging betreten potenzielle Käufer einen inszenierten Raum und sehen nicht nur Wände, Möbel und Accessoires, sondern ein Ideal, eine Vision. Ihre Erwartungen steigen, die Phantasie blüht auf, und plötzlich scheint alles möglich. Das Haus ist nicht mehr nur ein Haus – es ist ein Traum, eine Leinwand für die Wünsche und Hoffnungen des Betrachters. Wie positive Erwartungen die Leistung steigern können, so hebt Home Staging das Potenzial einer Immobilie hervor.

Literaturhinweis: Robert Rosenthal und Lenore Jacobson, „Pygmalion in the Classroom: Teacher Expectation and Pupils‘ Intellectual Development“ 1968. Darin dokumentieren die Autoren, wie die Erwartungen von Lehrern die Leistungen ihrer Schüler beeinflussen können. Sie fanden heraus, dass Schüler, von denen die Lehrer annahmen, sie seien besonders begabt (aufgrund manipulierter Informationen), tatsächlich bessere Leistungen zeigten.

2. Somatische Marker: Die emotionale Bühne der Menschheit

Menschen kommen in ein Haus und fühlen sich wie angekommen. Dieses Gefühl, das sie oft gar nicht in Worte fassen können, ist eine Inszenierung des limbischen Systems, getriggert durch Home Staging. Jedes Detail, von den verwendeten Farben über Materialien bis zur Platzierung der Möbel, ist darauf ausgelegt, eine positive emotionale Resonanz zu erzeugen. Vorhang auf für die so genannten somatischen Marker.

António Damásio hat das Konzept entdeckt und seither können wir erklären, wie unser Körper (!) an Entscheidungen beteiligt ist. Somatische Marker sind emotionale Reaktionen, die sich in körperlichen Empfindungen äußern und unsere Entscheidungsprozesse beeinflussen. Wenn also Menschen in ein Haus mit Home Staging kommen, spüren sie ein Gefühl der Geborgenheit, viele beschreiben ein sanftes und wohliges Ziehen im Bauch – dann sind Ihre somatischen Marker aktiv: „Hier ist es schön, hier werden wir glücklich sein.“

Diese Marker sind tief in den ältesten Teilen unseres Gehirns verankert. Sie sind Teil des komplexen Zusammenspiels von Emotion und Vernunft. Home Staging spricht genau dieses System an und malt nicht nur ein Bild in unseren Köpfen, sondern spricht auch unseren Körper und unsere tiefsten Gefühle an. Es geht hierbei nicht nur um Ästhetik, sondern um das Erschaffen einer Atmosphäre, die all unsere Sinne anspricht und uns ein „Zuhause-Gefühl“ vermittelt.

Literaturhinweis: António Damásio, „Descartes‘ Irrtum: Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn“ (Originaltitel: „Descartes‘ Error: Emotion, Reason, and the Human Brain“, 1994); In diesem Werk argumentiert Damásio, dass Gefühle eine grundlegende Rolle in unserem Entscheidungsprozess spielen und untrennbar mit der Vernunft verbunden sind.

3. Adieu Entscheidungsparalyse: Ein klarer Vorschlag hilft

Der Gast sitzt zum ersten Mal in diesem neuen Restaurant, liest die Speisekarte: Ein Gericht scheint leckerer als das nächste. Von lokalen Delikatessen bis zu internationalen Köstlichkeiten, von veganen Gerichten bis zu verlockenden Fleischspeisen – die Auswahl ist groß, zu groß. Sie wirkt überwältigend. Die Unentschlossenheit wächst und mit ihr die Angst, eine falsche Wahl zu treffen, etwas zu verpassen.

Die Herausforderung, eine komplexe Entscheidung zu treffen, kann überwältigend sein. Die Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky haben uns gezeigt, dass zu viele Informationen und vor allem Optionen unsere Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, komplett lähmen können – sie nannten das Phänomen Entscheidungsparalyse.

Sich ein Haus als zukünftiges Zuhause vorzustellen, wenn es leer ist – oder noch schlimmer: wenn es noch aus den vergangenen Jahrzehnten möbliert ist, ist für die meisten Menschen ein Ding der Unmöglichkeit, ihr Entscheidungsmuskel erlahmt völlig.

Home Staging löst diese Starre durch die klare Präsentation einer Immobilie. Ein geschmackvoll eingerichtetes Schlafzimmer, das Ruhe und Komfort ausstrahlt, nimmt dem Betrachter die Last, sich die Nutzung des Raumes vorzustellen. Dies reduziert die kognitive Belastung spürbar und ersetzt diesen Stress durch Wohlgefühl. Interessenten fällt es bei Besichtigungen ungleich leichter, sich emotional mit dem Raum zu verbinden. Die Kunst liegt also darin, eine Atmosphäre zu schaffen, die die Vorstellungskraft anregt und gleichzeitig überzeugende Lösungen präsentiert – dann sehen die Menschen in einem Haus nicht nur ein Konstrukt aus Steinen, Leitungen und Ziegeln, sondern ihr zukünftiges Zuhause.

Literaturhinweis: Daniel Kahneman und Amos Tversky, „Choices, Values, and Frames“ (2000). Dieses Buch bietet eine umfassende Betrachtung ihrer Forschungen zur Entscheidungsfindung und kognitiven Belastung.

4. Ankerheuristik: Die Kraft des ersten Eindrucks

Für den ersten Eindruck, weiß der Volksmund, gibt es keine zweite Chance. Bei Verhandlungen setzt der erste Vorschlag den Ton, Menschen spüren bei einer ersten Begegnung innerhalb von Millisekunden, ob sie einander vertrauen können oder nicht. Die Psychologie hat dieses Phänomen Ankerheuristik genannt.

Es wäre sträflich, dieses Universalgesetz gerade im Immobilienmarkt außer Acht zu lassen. Den Eindruck, den wir haben, sobald wir ein Haus betreten, werden wir nicht mehr los – umso wichtiger, diesen optimal zu gestalten. Sehen wir also eine Auswahl eleganter Möbel in hellen, sauberen und wohlriechenden Räumen, wird dieser erste visuelle Eindruck der Anker, an dem wir alles Weitere messen.

Doch das Phänomen der Ankerheuristik geht noch tiefer. Dieser erste Eindruck prägt nicht nur unsere Sicht auf die Qualität und Ästhetik des Hauses, sondern schafft eine emotionale Verbindung. Die Räume sprechen zu uns auf einer Ebene, die weit über das Rationale hinausgeht. Selbst wenn unser Verstand uns sagt, dass die Möbel und die sorgfältig ausgewählten Dekorationen nicht Teil des Kaufs sind, hat unser Herz schon längst entschieden. Diese emotionale Verankerung beeinflusst also unsere Wahrnehmung des Hauses und damit unweigerlich auch unsere Entscheidungsfindung. Der Wert des Hauses wird in unseren Köpfen nicht mehr vorrangig durch seine materiellen Aspekte bestimmt, sondern durch die Geschichten und Gefühle, die die Einrichtung und Dekoration in uns hervorrufen.

Literaturhinweis: Daniel Kahneman und Amos Tversky, „Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases“ (Artikel in: „Science“, 1974). In diesem wegweisenden Artikel stellen Kahneman und Tversky das Konzept der Ankerheuristik vor.

5. Sozialer Aufstieg: Positive Assoziationen für die Kaufentscheidung 

Menschen sind zuvorderst soziale Wesen. Ohne soziale Bindungen verkümmern wir emotional und es ist erwiesen, dass stabile Beziehungen der alles entscheidende Faktor zum Glück sind. Kurz gesagt: Es ist für uns von existenzieller Bedeutung, wertvoller und anerkannter Teil einer Gemeinschaft zu sein: Wir wollen dazu gehören.

Home Staging macht sich dieses Konzept der sozialen Psychologie, wie es Robert B. Cialdini beschrieben hat, zunutze und steuert so unsere Entscheidungen. Wenn wir ein stilvoll eingerichtetes Haus betreten, das geschmackvoll ausgestattet ist und eine Atmosphäre des Wohlstandes ausstrahlt, triggert dies unsere tiefsten Wünsche und Sehnsüchte. Schließlich dient der Kauf eines Hauses nicht nur dem Bedürfnis, ein Dach über dem Kopf zu haben, sondern erfüllt auch die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe.

Cialdini würde argumentieren, dass hier Prinzipien der sozialen Bewährtheit wirken. Ein elegant eingerichtetes Haus spricht diese Bedürfnisse an, indem es eine Vision davon bietet, wie unser Leben aussehen könnte. Es ist nicht nur ein Raum, sondern eine Bühne für unser Lebensgefühl. Diese Inszenierung des Home Staging nutzt also unsere Neigung, Entscheidungen auf Basis dessen zu treffen, was wir als erstrebenswert betrachten oder was uns das Gefühl gibt, dazuzugehören.

Darüber hinaus baut Home Staging auf dem Prinzip der Knappheit auf, appelliert es doch  an unser Bedürfnis, besondere Gelegenheiten nicht verpassen zu wollen und verstärkt so den Druck, eine Entscheidung zu treffen.

Literaturhinweis: Robert B. Cialdini, „Influence: The Psychology of Persuasion“ (1984). Cialdini untersucht in seinem Buch die Mechanismen sozialer Einflüsse auf menschliche Entscheidungen.

Fazit

Anhand dieser beschriebenen fünf Phänomene und Prinzipien wird glasklar, wie wichtig unsere Emotionen bei der Entscheidung für oder gegen ein Haus sind. Wir kaufen niemals lediglich vier Wände und ein Dach. Wir kaufen ein Gefühl, eine Vision, einen Traum. Und während wir das tun, tanzen Vernunft und Emotion miteinander im Einklang. Man kann das einsehen oder nicht, man kann das so empfinden oder nicht: Den gesicherten Erkenntnissen der Neurowissenschaft, die hier Anwendung finden, zu widersprechen ist aberwitzig. Das wäre, als würde man nicht an die Gravitation glauben wollen und vom Dach springen. Auch, wer nicht an die Gravitation glaubt, wird von ihr nach unten gezogen und auf dem Boden der Tatsachen landen.

Wollte man also die hier gemachten Überlegungen zusammenfassen, müssten wir Descartes’ „ich denke, also bin ich“ auf Basis der beschriebenen Erkenntnisse neu formulieren in ein herzliches „Ich fühle, also kaufe ich!“

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